
11 Dez. Digitale Alltagshelfer für Senioren
„Hilfe, Sicherheit und Teilhabe“. Interessantes über digitale Alltagshelfer für Senioren: vom Assistenzsystem über Senioren-Handys bis zum Pflegeroboter
Unter dem Titel „Hilfe, Sicherheit und Teilhabe“ veröffentlichte Michael Eschenhauer gerade folgenden Artikel im Magazin „60-Aufwärts“ und informiert über die neuesten Entwicklungen im Bereich digitale Alltagshelfer für Senioren.
Hilfe, Sicherheit, Teilhabe
Früher gab´s die Großfamilie – heute kümmern sich digitale Assistenzsysteme um Senioren. Der Anteil der älteren Menschen in Maintal ist beträchtlich. Rund 12.000 Frauen und Männer der insgesamt rund 41.500 Einwohner sind älter als 60 Jahre. Der älteste Stadtteil ist Wachenbuchen mit nahezu 32 Prozent an über 60-Jährigen. Hochstadt erreicht 29, Bischofsheim und Dörnigheim liegen bei jeweils rund 27 Prozent. Über zehn Prozent aller Maintaler oder 4300 Menschen haben eine Behinderteneinstufung von 50 Prozent oder mehr. Senioren verbringen ihre Zeit häufig ohne Partner; mehr als 70 Prozent der über 85-jährigen Frauen leben allein. Auf ganz Deutschland bezogen wurden im Jahr 2021 insgesamt 4,96 Millionen Menschen als pflegebedürftig erfasst. Von ihnen werden 84 Prozent, das heißt 4,17 Millionen zu Hause versorgt, 61 Prozent ausschließlich durch Angehörige. Für das Jahr 2030 wird erwartet, dass die Zahl der Pflegebedürftigen auf knapp sechs Millionen Menschen steigen wird. 28 Prozent der Bevölkerung werden dann 65 Jahre und älter sein.
Ob pflegebedürftig oder nicht – viele ältere Menschen benötigen Unterstützung, denn im fortgeschrittenen Alter lässt häufig die Sehkraft nach, die Mobilität sinkt, und manch Wichtiges wird übersehen oder einfach vergessen. Früher gab es Großfamilien als Unterstützungsnetzwerk. Heute kann digitale Technik einspringen. Es gibt Schlüsselfinder, Warnsysteme für demente Menschen, die unkontrolliert herumirren, Matten, die Alarm schlagen, wenn ein Mensch gestürzt ist, Tablettenspender, die an die Medikamenteneinnahme erinnern, Lampen, die je nach Tageszeit verschiedenes Licht absondern, oder Blutdruckmessgeräte, die die Daten direkt an den Hausarzt senden. Die Einsatzfelder für digitale Assistenzsysteme, von denen speziell Senioren profitieren, sind ohne Zahl. Und es werden immer mehr. Dabei versteht man hierunter weniger Dinge wie Treppenlifts, niveaugleiche Duschkabinen oder seniorenfreundliche Küchentechnik, sondern es geht um High-Tech-Produkte, die ursprünglich für die Haustechnik, Unterhaltungselektronik oder den Pflege- und Medizinbereich entwickelt wurden. Sie helfen älteren Menschen über bestimmte Schwächen im fortgeschrittenen Lebensalter hinweg, und ihre Bedienung wird erfreulicherweise immer einfacher.
Selbstverständlich ist die helfende Hand eines echten Menschen in der Nachbarwohnung oder im angrenzenden Haus unbezahlbar – und jeder sollte sich um gute Kontakte im persönlichen Umfeld bemühen. Trotzdem bietet die digitale Technik faszinierende Möglichkeiten, mit denen sich Senioren vertraut machen sollten. Im Folgenden stellen wir einige der interessantesten Neuerungen vor.
Gesundheit und Orientierung
Ziemlich bekannt ist der Hausnotruf. Hier ist der Nutzer über eine Basisstation beziehungsweise den Festnetz- oder Handyanschluss mit der Hilfsorganisation verbunden. Ein Notfallknopf, der um den Hals oder als Armband getragen wird, ermöglicht den Kontakt mit der Notrufzentrale des Anbieters, wo dann weitere Schritte eingeleitet werden können. Dieses System bietet auch Sturzmelder, Rauchwarner oder den Tür-steht-offen-Alarm. Eine Smartwatch oder ein Tracker ermöglicht es, von unterwegs mit einem Druck der SOS-Taste vorher gespeicherte Telefonnummern anzurufen. Außerdem ist der Träger der Geräte per GPS zu orten, wenn er einen bestimmten Bereich verlässt. Es gibt zudem Tracking-Apps, in denen sich Zonen festlegen lassen, die der Träger nicht verlassen sollte, weil er sonst die Orientierung verliert. Dies verbessert besonders die Sicherheit dementer Menschen. Für sie eignen sich auch spezielle Lampen, die durch unterschiedliche Farbgestaltung die Orientierung im Haus erleichtern, beziehungsweise durch eine sich verändernde Beleuchtung die verschiedenen Tageszeiten besser unterscheidbar machen. Nicht nur für Senioren nützlich sind Bewegungsmelder, die nachts das Licht einschalten, wenn man das Bett verlässt. Das beugt so manchem Stolpern oder schmerzhaftem Anrempeln der Türkannte vor!
Blutdruck-Messgeräte der neuesten Generation messen nicht nur, sondern sie sind auch in der Lage, die ermittelten Werte per Bluetooth oder WLAN an ein Smartphone zu senden. Von dort können sie direkt an den Hausarzt gehen. Die verkratzte Tablettendose mit den „Montag-Dienstag-Mittwoch…“-Fächern ist Vergangenheit. Digitale Tablettenspender verhindern nicht nur versehentliche Überdosierung, sie erkennen sogar mit Hilfe einer Kamera, wer vor ihnen sitzt, und geben dann die entsprechenden Präparate frei.
Roboter und andere Helferlein
Pflegeroboter werden nicht mehr nur in der stationären Pflege eingesetzt. Auch in den eigenen vier Wänden der Hilfsbedürftigen übernehmen sie Tätigkeiten wie Handreichungen (Glas Wasser, Gegenstände bringen), die Erinnerung an die Tabletteneinnahme oder das Blutdruckmessen sowie die Unterhaltung in Form eines digitalen Kuscheltieres. Sprachassistenten wie Alexa, Siri & Co können ebenfalls eine große Hilfe sein. Viele Senioren kommen besser damit klar als mit einem Computer oder einer Musikanlage. Mittels eines Sprachbefehls lässt sich zum Beispiel die Lieblingsmusik genießen und eine bestimmte Sendung sowie Hörbücher auswählen; Nachrichten können verschickt, Bekannte angerufen und auch das Licht ein- und ausgeschaltet werden. Alexa kann sogar an einen anstehenden Arzttermin erinnern. Es wird eine Vielzahl an Apps angeboten, die zur Unterhaltung dienen oder zum Beispiel beim Gedächtnis-Training helfen.
Alleskönner Smartphones
Seniorenhandys bieten einen besseren Überblick als übliche Modelle. Sie verfügen über größere, zum Teil beleuchtete Tasten mit einem ebenfalls größeren Display und ermöglichen einen extralauten Klingelton. Der Notrufknopf verbindet den Nutzer oder die Nutzerin mit vorher festgelegten Gesprächspartnern. Auch eine GPS-Ortung sowie eine Sturzerkennung sind bei bestimmten Modellen integriert. Smartphones gehen noch ein Stück weiter: Sie sind ebenfalls übersichtlicher gestaltet und können mit Hilfe bestimmter Apps weiter aufgerüstet werden. Beachtung schenken muss der Nutzer allerdings der regelmäßigen Aktualisierung der Software. Für die Sicherheit im Haus ist die Küche ein wichtiger Baustein. Vor allem vom Herd geht eine latente Gefahr aus. Hier kann Technik helfen. Zum Beispiel schaltet eine Automatik die Heizplatten nach einer vorher festgelegten Zeit aus, wenn niemand am Herd steht. Andere digitale Helfer setzen auf Anwesenheitsüberwachung. Hält sich eine Person in der Küche auf, fließt der Strom, verlässt sie den Raum, werden Ofen oder Herd kalt. Auf eine abrupte Veränderung der Position einer Person oder plötzliche Bewegungslosigkeit reagieren digitale Falldetektoren. Sie sind mit einem Hausnotrufsystem verbunden oder haben eine SIM-Karte, die eine Ortung zulässt und ebenfalls Telefonkontakt herstellen kann.
Wach- und Schließgesellschaft
Die Entwickler von Assistenzsystemen haben auch die Haustür als Einsatzfeld erkannt. Angeboten werden nicht nur Kameras für die Tür, mit denen sich ungebetene Besucher vor dem Öffnen erkennen lassen, sondern auch Türklingelverstärker, die das Klingeln akustisch, als Vibration oder Lichtsignal in jeden beliebigen Bereich des Hauses weiterleiten. Manche ungebetenen Gäste nehmen gerne offenstehende Fenster als Einladung für einen Besuch. Damit das nicht allzu einfach wird, gibt es digitale Wächter, die bei einer zu lange offenstehenden Balkontüre oder einem Fenster erwachen und Alarm schlagen. Das System lässt sich sogar mit dem Smartphone verbinden, sodass ein Angehöriger aus der Ferne eingreifen kann. Digital lassen sich auch Licht, Heizung oder die Rollläden steuern. Nützlich – und das nicht nur für ältere Semester – sind alle Einbrecher-Alarmanlagen. Bestimmte Arten von Rauchmeldern, die seit einiger Zeit Pflicht sind, lassen sich im Dienste der Sicherheit auch mit dem Smartphone verbinden. Gibt’s in Omas Wohnzimmer Qualm, kann der Enkel einen Kontrollanruf starten oder gleich die Feuerwehr alarmieren. Ähnlich arbeiten auch Gas-, Kohlenmonoxid- oder Wasseraustritts-Alarmsysteme. Umfassende optische Kontrolle bieten Webcams, also Kameras, die mit dem Internet verbunden sind und beispielsweise an der Küchendecke montiert werden.
Wo gibt´s Geld?
Was zahlt die Kasse? Bisher war es wenig, denn die Pflegekasse legte für die Bewilligung von technischen Hilfen enge Vorgaben an. Regulär erstattet wurden unter bestimmten Voraussetzungen nur die Kosten eines Hausnotrufs. Man verwies darauf, dass es keinerlei Studien gebe, die nachweisen würden, dass neuere Technologien die Lebensqualität älterer Menschen steigern. Mit dem Digitale-Versorgung-und-Pflege-Gesetzerhalten Pflegebedürftige mit einem Pflegegrad von 1 bis 5, die zu Hause leben, nun erstmals einen Anspruch auf digitale Pflegeanwendungen und ergänzende Unterstützungsleistungen in Höhe von bis zu 50 Euro monatlich. Die digitalen Pflegeanwendungen – darunter fallen Apps für mobile Endgeräte sowie webbasierte Programme für Laptop oder PC, aber auch Dinge wie Sturzsensoren oder „Intelligente Inkontinenzeinlagen“ – sollen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder einem Rückgang der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen entgegenwirken sowie eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit verhindern. Auch sollen sie den Pflegealltag erleichtern. Eine Liste derjenigen Produkte, für die eine Kostenerstattung von bis zu 50 Euro im Monat gewährt wird, soll in nächster Zeit fertiggestellt werden. Beantragen kann man die Digitalen Pflegeanwendungen bei der Pflegekasse.
Autor: Michael Eschenauer
Hier bekommen Sie Rat und Hilfe
Eine Broschüre des Hessischen Ministeriums für Digitale Strategie und Entwicklung zum Thema Digitale Helfer für mehr Lebensqualität und Teilhabe sowie weitere Infos gibt es unter www.digitales.hessen.de/miteinander-digital/digital-im-alter Weitere Informationen zum Thema Digitale Helfer gibt es unter folgenden Adressen:
Pflegestützpunkt des MKK in Schlüchtern, Madeleine Meissel, Wassergasse 16 – 18, 36381 Schlüchtern, Tel. 06661-970-48171, madeleine.meissel@mkk.de
Pflegestützpunkt des MKK in Hanau, Viyal Lode, Steinheimer Straße 1, 63450 Hanau, Tel. 06181-292-48181, viyal.lode@mkk.de
Die Abteilung „Leben im Alter“ des Amtes für soziale Förderung und Teilhabe des Main-Kinzig-Kreises berät Kommunen, freie Träger, Seniorenberatungen, ehrenamtlich Engagierte und Bürgerinnen und Bürger zur Umsetzung und Einführung digitaler Angebote für ältere Menschen. Beratungen können im Internet unter der Stichwortkombination MKK – Behinderung, Pflege, Alter – Leben im Alter, leben-im-alter@mkk.de oder unter dem Telefonkontakt 06051 – 85 48114 erfragt werden. Die Pflegestützpunkte – als Teil der Abteilung Leben im Alter – bieten neben der kostenfreien Pflegeberatung auch Wohnraumberatungen an. Diese können im häuslichen Umfeld stattfinden, aber auch in Form einer Präsentationsveranstaltung für größere regionale Gruppen kostenfrei angefragt werden. Die geschulten Mitarbeitenden stellen im Rahmen dieser Beratung neben der Finanzierung von Hilfsmitteln und notwendigen barrierefreien Umbauten auch den sogenannten Technikkoffer vor. Dieser beinhaltet eine Vielzahl technischer und digitaler Hilfsmittel, die den Alltag bei Pflegebedürftigkeit erleichtern können. Anfragen können direkt an die Pflegestützpunkte unter pflegestuetzpunkt@mkk.de oder unter der Telefonnummer 06051 – 85 48170 gestellt werden.
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