Waldbaden – Wellness für Körper und Seele

Waldbaden ist eine natürliche Methode, ausgeglichener und gesünder zu werden. Teilnehmerin Beate S. erzählt über ihre Eindrücke. Und wer Lust auf eigene Ehrfahrungen hat: einfach am nächsten Seminar der Bürgerhilfe teilnehmen!

„Wo machst du mit?“, fragte mich mein Mann als ich ihm erzählte, dass ich am Samstag an einen gleichnamigen Workshop teilnehme. So wie er hatte auch ich vorher so gar keine Vorstellung davon, was „Waldbaden“ eigentlich ist. In einem Waldsee baden? Badewanne mitten im Wald aufstellen und sich hineinlegen? Nee. Es kam alles ganz anders.

Der zertifizierte Seminarleiter lud uns gleich zu Anfang erstmal ein zu schauen, was so alles auf dem Boden herumliegt und es einzusammeln. Ich gehe öfter mal durch den Wald, aber auf die „Bodenschätze“ hatte ich noch nie so geachtet. So war ich überwältig, denn in nur einem kleinen Radius sammelte ich Vielfältiges, darunter samtiges Moos, Flechten, Teile von Baumrinde, kuriose Gebilde von Schalen und Zapfen, Tannengrün und jede Menge Farne und verschiedene Blätter. Aber dazu später mehr.

Waldbaden – das kommt aus Japan und heißt dort „Shinrin Yoku“. Auf Deutsch bedeutet das was wie „Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes. Das hat in den 1980er Jahren von einem japanischen Gesundheitsministerium entwickelt. Der Sinn dahinter: Das Eintauchen fördert die Gesundheit, entspannt und macht gelassener – eine Möglichkeit, die uns gestressten und oft überforderten Menschen einer Leistungsgesellschaft entgegenkommt. Das es wirkt, beweisen zahlreiche Studien!

Zum Waldbaden brauchen wir also unsere Sinne. Und damit wir die notwendige Achtsamkeit entwickeln, machen wir gleich zu Anfang verschiedene kleine Körperübungen um Lockerwerden und Ankommen. Dann eine Meditation. Wir schlossen die Augen, fühlten bewusst den weichen Waldboden unter unseren Füßen, den leichten Wind auf der Haut, lauschten dem leisen Rascheln der Baumblätter. Tief Atmen, langsam Ein und Aus, auf das Strömen des Atems achten und die Gerüche des Waldes wahrnehmen. Danach war unsere Gruppe schon viel besser im Hier und Jetzt angekommen. Jetzt sind wir auch aufmerksamer für die Formen und Farben der uns umgebenden Natur. Ich nehme eine Handvoll Waldboden in meine Hand. Sie riecht wunderbar würzig und erdig. Ein Baum in meiner Nähe findet meine besondere Aufmerksamkeit. Durch den Stamm ziehen sich tausendfache Linien und Furchen.

Wer will, schlägt der Seminarleiter vor, könne einmal den Baum umarmen. Zunächst weiß ich nicht recht. Einen Baum umarmen? Was sollen andere denken, wenn sie mich dabei sehen? Doch dann wische ich die Bedenken weg. Schließlich bin ich hier für mich selbst. Der Stamm ist so dick, dass ich gerade mal bis zur Mitte komme. Ich schließe die Augen. Mit meinen Fingerspitzen nehme ich die Formen und Furchen der Rinde ganz intensiv wahr. Mein Atmen wird ausgeglichener, tiefer.

Später erklärt uns der Seminarleiter, dass man dabei sogenannte Phytozide einatmet. Das sind sekundäre bioaktive Pflanzenstoffe. Die Bäume geben sie über ihre Bätter oder Nadeln und über ihre Rinde nach außen ab. Damit verständigen sie sich auch mit den Bäumen in ihrer Umgebung. Beispielsweise wenn ein Baum einen Schädling hat, dann teilt er dies so den andren Bäumen auf diese Weise mit. Welch‘ Wunder ist doch unsere Natur. Jedenfalls sind es diese Stoffe, die auch nachweislich unser Immunsystem stärken und den Cortisolspiegel senken. Inzwischen weiß man, dass Waldbaden nicht nur die natürlichen Killerzellen im Blut erhöht, sondern auch das Ausschütten von Stresshormonen reduziert, den Blutdruck und den Puls senkt und sich sogar auf den Blutzuckerspiegel auswirkt.

Zum Schluss Perspektivenwechsel. Zurück zu unseren gesammelten Naturfunden vom Anfang. Jeder Teilnehmende bekommt ein großes Stück Papier in die Hand gedrückt, auf dem er seine gesammelten Schätze dekoriert. Wir fokussieren uns auf die Details, dann wieder treten wir ein paar Schritte zurück, um unser Werk aus der Ferne zu begutachten. Das trainiert Weitblick, stärkt die Augen und entspannt die Gedanken. Mir tut das gut. Im Alltag ist es nämlich meist doch nur das Smartphone auf das ich mich mit Tunnelblick konzentriere.

Nach ca. zwei Stunden kommen wir zurück an die Waldstelle, an der wir losgegangen sind. Ich fühle mich wie nach einem vitalisierenden Vollbad. Ich nehme mir vor, nächstes Wochenende wieder in den Wald zu gehen. Ich werde mir eine Decke mitnehmen und mich damit auf duftenden Waldboden legen und in die Sonne blinzeln, die durch das Blätterdach blinzelt.

Foto: jackson-david-JrQ_V0pmdDc-unsplash